Zusammenziehen – Harmonie oder Kleinkrieg zwischen Bartstoppeln und Tampons
Jedes Pärchen, das beschließt sich auf die Suche nach einer gemeinsamen Wohnung zu machen, kennen sie, die wohl gemeinten Ratschläge von Familie und Freunden. Als ob man sich nicht selbst schon den Kopf darüber zerbrochen hätte, ob der gemeinsame Alltag nicht eher Frust statt Lust in die Beziehung bringt.
Zusammenziehen, der Anfang vom Ende?
„Was, ihr wollt jetzt auch noch zusammenziehen? Willkommen in Pleasantville, Frau Beimar!“ tönt es von meiner super coolen und überzeugten Singlefreundin, in deren Vokabular Worte wie „DVD-Abend“ gar nicht existieren, als ich ihr von der Entscheidung, mit meinem Freund zusammen zu ziehen, berichtete. Mein Bruder, gerade frisch getrennt und mit seiner Kaffeemaschine wieder auf Wohnungssuche, macht sich nicht mal die Mühe einen ganzen Satz zu formulieren: „6 Monate“, orakelt er. So lange hat es gedauert, bis seine harmonische 4jährige Beziehung über tägliche Kleinkämpfe um die bedeutendsten Nichtigkeiten auf der ganzen Welt in den gemeinsamen 4 Wänden zerbrach. Immerhin hat die Kaffeemaschine überlebt.
Harmonie oder Kleinkrieg zwischen Bartstoppeln und Tampons
Ich selbst würde mich eher als freiheitsliebend beschreiben, doch nach 2 Jahren Fernbeziehung hab ich mich über den Vorschlag meines Freundes einfach zusammen zu ziehen gefreut.
Aber Bedenken hatte ich natürlich auch. Würde mein über alles geliebter, charmanter, witziger und kluger Freund vor meinen Augen zu einem „Ekel Alfred“ in speckigem Unterhemd und Nagelknipser am Frühstückstisch mutieren?
Nach einem Jahr in der gemeinsamen Wohnung kann ich nur sagen, dass es stimmt. Man lernt seinen Partner von Seiten kennen, die man vorher noch nicht kannte – und vielleicht auch gar nicht kennen wollte, aber diese gemeinsamen Alltagshürden zusammen zu meistern, schweißt auch ungemein zusammen. Und man sollte sich bewusst machen, dass man selbst ebenfalls nicht fehlerfrei ist. So wie ich mich vor seinen Bartstoppeln im Waschbecken ekel, findet er vielleicht die Tampons im Mülleimer absolut abstoßend.
Gerade im Bad sollte man Grenzen ziehen. Intimität und Privatsphäre des Einzelnen sollten weiterhin aufrecht gehalten werden. Sprich: Wenn ich unter der Dusche stehe, muss er halt warten, bis er mit Pipi machen dran ist. Dafür gibt es ja den Schlüssel in der Tür – und der wird auch benutzt.
Zusammenziehen – 1+1=1?
Damit wir uns im neuen Heim beide wohl fühlen, haben wir uns gemeinsame auf die Suche nach einer neuen Wohnung gemacht. Meine alte Single-Wohnung ist eben meine alte Single-Wohnung, in der schon immer mein Mülleimer links neben der Waschmaschine stand. Nun heißt es unsere Wohnung, unsere Waschmaschine und unser Mülleimer. Den haben wir übrigens gemeinsam ausgesucht, wie das ja oft für die Einrichtung empfohlen wird. Naja, da wir beide unseren eigenen Geschmack haben, haben wir uns dabei nur auf die Küche beschränkt, denn, und damit hätten wir auch den Kritikpunkt mit den fehlenden Freiräumen ausgebügelt, bei uns hat jeder sein eigenes Zimmer. 2 Betten, in denen man trotzdem auch mal in Ruhe ausschlafen kann, wenn der andere am Sonntag Morgen um 7:00h zum Joggen aufbricht. 2 Schreibtische mit jeweils 2x (Un)Ordnung…und natürlich 2 Türen, die offen stehen, wenn traute Zweisamkeit erwünscht ist, aber auch mal schön laut geknallt werden, wenn es doch mal Knatsch am Küchentisch gibt.
Rumferkeln? Im Schlafzimmer, ja bitte!
Und den gibt es, wie in jeder Beziehung. Aber ein paar Regeln, wie: Wer „rumferkelt“, muss seinen Dreck auch wegmachen oder dass wir uns abwechselnd jede Woche die Hausarbeit und den Einkauf teilen, dafür aber jeder ein eigenes Konto behalten und Miete und andere Kosten von einem separaten gemeinsamen Konto eingezahlt und abgebucht werden, gibt es und sie vermeiden, dass kleinliche Diskussionen gar nicht erst aufkommen. Was soll ich sagen? Es läuft! Ich möchte jedenfalls nicht mehr in meinem Bett einschlafen, ohne dass sich mein kleines Ferkelchen neben mir in den Schlaf grunzt. 😉
Und wer sich Sorgen macht, dass das Sexleben auf der Strecke bleiben könnte, den kann ich beruhigen. Paare, die zusammen leben, haben laut Statistik nur um 2% weniger Sex als solche, die getrennt leben.